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UNDERDOX halbzeit: Miranda Pennell

In der "halbzeit" präsentiert UNDERDOX das filmische Werk der britischen Künstlerin, Choreographin und Anthropologin Miranda Pennell. Miranda Pennell ist zu Gast und stellt in einer Film Lecture ihre filmischen Arbeiten seit 1995 sowie ihre beiden jüngsten Werke vor.


I. Choreographien der Präsenz (1995-2007)

Die britische Künstlerin Miranda Pennell (*1961 in London) studierte zeitgenössischen Tanz in New York und Amsterdam und später visuelle Anthropologie in London. Beide Seiten, Körper und Theorie, vereinen sich in ihren Filmen und lassen die Wirklichkeit in rituellen Phänomenen gesellschaftlicher Gewohnheiten erkennbar werden. So das winterliche Schlittschuhlaufen einer Gruppe von Mädchen auf einem zugefrorenen See inmitten einer finnischen Stadt, das Gitarrenspiel heranwachsender Jungs in ihrem Jugendzimmer (MAGNETIC NORTH 2003), der Faustkampf zwischen (gecasteten) Hooligans in einem Londoner Pub (FISTICUFFS 2004) oder die Muster alltäglicher Bewegungen, die Pennell durch die Eingriffe des kinematographischen Dispositivs rhythmisiert, be- und entschleunigt (LOUNGE 1995).

Rituale der militärischen Welt und der größeren geopolitischen Zusammenhänge finden bereits 2001 in TATTOO die Aufmerksamkeit der Künstlerin, wenn sie die Exerzitien eines Regiments inmitten der unberührten Natur als absurden militärischen Drill zeigt, dessen einzige Zeugen die Vögel und Bäume sind.

II. Film as an Archive (ab 2010)

In ihren beiden jüngsten Arbeiten wendet sich Pennell von inszenierten Choreographien der Präsenz ab. Ihr Interesse gilt nun dem Nachwirken der britischen Kolonialzeit, und sie taucht als Forscherin in die Archive der eigenen Familie und der offiziellen Geschichtsschreibung ein. Historische Photographien, die sie wie Körper einsetzt, werden rhythmisiert und in neue Konfigurationen gebracht – eine choreographierte Vergangenheit, die neue Bezüge offenbart.
WHY COLONEL BUNNY WAS KILLED (2010) basiert auf den Tagebüchern eines ihrer Ur-Väter während einer medizinischen Mission im afghanischen Grenzgebiet und seziert die britische Selbstdarstellung an der nordwestlichen Frontier von Indien. THE HOST (2015) ist Pennells erster Langfilm und Bestandteil ihrer Doktorarbeit "Film as an archive" am Arts Council England. Der Film über die British Petrolium Company liest sich wie eine kinematographische Forensik. Die geopolitische Historie, dokumentiert in den Archiven der Ölgesellschaft, verwebt sie mit den psychoanalytischen Schichten des Familienalbums. Ein detektivisches Essay, das ins Zentrum der eigenen Familie führt.


Das PrograMM

HUMAN RADIO |  2002 | 9 min | Super16mm | OV
Wohnzimmertänzer gesucht! – So hieß es in der Anzeige, die Pennell aufgab, um Leute zu finden, die gerne für sich und ganz und gar weltvergessen hinter geschlossenen Türen tanzen.
YOU MADE ME LOVE YOU |  2005 | 4 min | Video | ohne Dialoge
Einundzwanzig Tänzer und eine unberechenbare Kamera. Den Kontakt zu verlieren kann traumatisch sein.
DRUM ROOM  | 2007 | 15 min | Video | ohne Dialoge
Aufstrebende gonna-be-Musiker proben in einem leerstehenden Gebäude. Sie spielen zusammen und doch jeder für sich: Das Individuum, wie es (nicht) in der Gruppe aufgeht.
MAGNETIC NORTH |  2003 | 8 min | 16mm | ohne Dialoge
Rituale der Jugend in einer finnischen Kleinstadt im Winter. Ein Schlittschuh fahrendes Mädchen vor Plattenbauten, ein Junge mit cooler Gitarre – ein Alter voller Fantasie und Sehnsucht.
TATTOO |  2001 |  9 min | 16mm | ohne Dialoge
Ein Regiment von Soldaten dringt in eine unberührte Landschaft ein. In perfekter militärischer Choreographie verschmelzen sie zu einem einzigen exerzierenden Körper.
FISTICUFFS |  2004 |  11 min | 16mm | ohne Dialoge
Sechs Schauspieler kicken und boxen sich durch einen Pub in East London. Schönstes Ritual der Kneipenschlägerei, das hier ebenso folgenlos bleibt wie ein Western im TV.
THE HOST |  2015 | 60 min | HD | OV
Eine forensische Spurensuche, in deren Verlauf hunderte Fotografien zusammengefügt werden, um eine verborgene Geschichte zu Tage zu fördern. Gegenstand sind die kolonialen Aktivitäten der British Petroleum (BP) im Iran, gefunden wird die desaströse Geschichte von Macht und imperialer Anmaßung.
THE HOST handelt von den Geschichten, die wir über uns selbst und andere erzählen, von den Fakten und Fiktionen, die unsere Leben prägen – und ihren Konsequenzen.

Anschließend Empfang im Stadtcafé mit Director's Quiche


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