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LAFITA - Lateinamerikanische Filmtage München 2018

Die Lateinamerikanischen Filmtage laden in diesem Jahr zu einer Reise in die Karibik ein, mit sieben Filmen im Werkstattkino und dem Instituto Cervantes. Jenseits der geographischen Klammer handelt es sich um ganz gegensätzliche und sehr sehenswerte Spiel- und Dokumentarfilme, die alle in den letzten Jahren erschienen sind und die so manche Erwartung an das lateinamerikanische Kino gegen den Strich bürsten. Jenseits von Bacardi-Feeling, Buena Vista Social Club-Romantik oder Fluch der Karibik bieten die sieben Filme neue Antworten auf sehr alte Fragen und neue Fragen an gesichert geglaubte Antworten.

Es sind Inszenierungen lateraler Migrationsrouten in den Norden, die in EL SILENCIO DEL VIENTO spannungsreich aufscheinen. Es sind die haitianischen Einwanderer in Chile, die bei ihrer gegenläufigen Odyssee in PETIT FRÉRE zu Wort kommen, einem taufrischen Dokumentarfilm sui generis. Es sind die fünf klassischen Akte von COCOTE, in welchen das nicht minder klassische Thema der Blutfehde mit gewaltigen Bildern aus der Dominikanischen Republik neu verhandelt wird. Es sind schließlich und vor allem auch Stellungnahmen zur schwierigen kubanischen Kondition, die in SANTA Y ANDRÉS retrospektiv und mit narrativer Meisterschaft skizziert wird. Es ist auch das gegenwärtige Kuba der beiden Dokumentarfilme CANTOS und CASA BLANCA, der paradoxe Alltag einer paradoxen Insel, die mit Entbehrungen und Repressionen umzugehen gelernt hat. Und es sind nicht zuletzt drei Damen aus Havanna, die in VENECIA aus ihrem Alltag ausbrechen.


Programmübersicht

Donnerstag, 29.11., Werkstattkino

  • 19.00 Uhr SANTA Y ANDRÉS
    Kuba/Kolumbien/Frankreich 2016
    Spielfilm, 105 Min., OmeU
    Regie: Carlos Lechuga
     
  • 21.30 Uhr PETIT FRÈRE
    Chile/Haiti 2018
    Dokumentarfilm, 70 Min., OmeU
    R: Roberto Collío, Rodrigo Robledo
     

Freitag, 30. November, Werkstattkino

  • 19.00 Uhr CASA BLANCA
    Kuba/Mexiko/Polen 2015
    Dokumentarfilm, 62 Min., OmeU
    R: Aleksandra Maciuszek
     
  • 21.00 Uhr EL SILENCIO DEL VIENTO
    Puerto Rico/Dominikanische Republik/Frankreich 2017
    Spielfilm, 105 Min., OmeU
    R: Álvaro Aponte-Centeno
    Zu Gast: Regisseur Álvaro Aponte-Centeno

Samstag, 1. Dezember, Werkstattkino

  • 17.30 Uhr VENECIA
    Kuba/Kolumbien 2014
    Spielfilm, 74 Min., OmeU
    R: Kiki Álvarez
     
  • 19.30 Uhr CANTOS
    Kuba/Schweiz 2013
    Dokumentarfilm, 75 Min., OmeU
    R: Charlie Petersmann
     
  • 21.30 Uhr SANTA Y ANDRÉS
    Kuba/Kolumbien/Frankreich 2016
    Spielfilm, 105 Min., OmeU
    R: Carlos Lechuga

Sonntag, 2. Dezember, Werkstattkino

  • 17.30 Uhr PETIT FRÈRE
    Chile/Haiti 2018
    Dokumentarfilm, 70 Min., OmeU
    R: Roberto Collío, Rodrigo Robledo.
     
  • 19.30 Uhr COCOTE
    Dominkanische Republik/Argentinien/Deutschland/Katar 2017
    Spielfilm, 106 Min., OmeU
    R: Nelson Carlo de los Santos Arias
     
  • 22.00 Uhr VENECIA
    Kuba/Kolumbien 2014
    Spielfilm, 74 Min., OmeU
    R: Kiki Álvarez
    D: Claudia Muñiz, Marianela Pupo, Marybel García Garzón

Montag, 3. Dezember, Instituto Cervantes: Closing Night

  • 19.30 Uhr COCOTE
    Dominkanische Republik/Argentinien/Deutschland/Katar 2017
    Spielfilm, 106 Min., OmeU
    R: Nelson Carlo de los Santos Arias

Programmheft LAFITA 2018


Filme

CANTOS
Kuba/Schweiz 2013, R: Charlie Petersmann
Dokumentarfilm, 75 Min., OmeU

"Ich bin der kubanische Peso, ich lebe in den Händen der Arbeiterklasse. Was ich einmal war, ist heute nur noch eine vergebliche Erinnerung". Lázaro hat Krebs, sein Freund will ihm Schmerzmittel besorgen. Doch niemand kauft den frisch gefangenen Fisch, den er durch die Straßen Havannas trägt, um das nötige Geld aufzutreiben. Liliane ist Bloggerin und kämpft an der digitalen Front um das Menschenrecht Meinungsfreiheit. Ein Bauer blickt zufrieden auf sein Leben in den kubanischen Bergen zurück – doch sein großer Traum wäre, zu reisen. Ein Halbwüchsiger sagt: „Wir sind nicht arm, nur das Geld ist nichts wert.“
CANTOS – filmische Gesänge über ein Land im Schatten der Desillusion, poetisch und geduldig. Samay Claro (DOK.fest)

CASA BLANCA
Kuba/Mexiko/Polen 2015, R: Aleksandra Maciuszek
Dokumentarfilm, 62 Min., OmeU

Im Auge des kubanischen Sturms lebt Vladimir das Leben eines unfreiwilligen Clowns. Eines Clowns mit der edlen Mission, seine Mutter Nelsa bis ins höchste Alter zu begleiten. Er ist mit Trisomie 21 auf die Welt gekommen und wird im Film seine 36 Jahre tanzend feiern. Während Nelsa sich von einer Wanderpredigerin ein Ohr abknabbern lässt, sitzt der wundersame Vladimir lieber nebenan und hat für Hiobsbotschaften nur leisen Spott übrig. Oder er zieht hinaus aufs Meer mit den Fischern, während die lahme Nelsa das Festland nach ihrem Wunder abklappert.

Aleksandra Maciuszek geht in ihrem Debut den Kippbewegungen zwischen Hilfsbedürftigkeit und Hilfestellung nach, die Mutter und Sohn in einer Zweckallianz vereinen. Sie wirft auch einen Blick auf ein Kuba, in welchem die Gleichheit ein Luftschloss bleibt. Es ist auch der Blick über die Schulter eines zum Narren Geborenen, der nicht verwaisen möchte und nicht viel mehr zu geben hat als Liebe und Solidarität.

COCOTE
Dominikanische Republik/Argentinien/Deutschland/Katar 2017
R: Nelson Carlo de los Santos Arias, Spielfilm, 106 Min., OmeU

Alberto verdingt sich als Gärtner für eine reiche Familie in Santo Domingo, muss aber für die Beerdigung seines Vaters in sein Heimatdorf zurückkehren. Er ist Konvertit und hat sich jenem evangelikalen Protestantismus angeschlossen, der nicht nur in der Karibik derzeit viel Zulauf erhält. Deswegen ist es ihm zuwider an den synkretistischen Zeremonien teilzunehmen, auf die seine Familie besteht. Der Widerspruch zwischen Pflicht und Überzeugungen wird für ihn umso größer, als er erfährt, dass sein Vater getötet wurde und seine Angehörigen von ihm erwarten, den Mord zu rächen. Mit kraftvollen, disparaten Bildern und pulsierenden Soundscapes ist Cocote gleichzeitig Ausdruck der zum Zerreißen gespannten Gefühlslandschaft des Protagonisten und Porträt einer von Klassenkontrasten, von Fragen des Glaubens, der Tradition und Ehre geprägten Gesellschaft, die sich aus dem Strudel von Korruption und Gewalt nicht befreien kann.

PETIT FRÈRE
Chile/Haiti 2018, R: Roberto Collío, Rodrigo Robledo, Dokumentarfilm, 70 Min., OmeU

Elon Musk spricht in seinen Zukunftsvisionen immer wieder von Reisen ins All und über die notwendige Besiedlung des Roten Planeten als letzte Hoffnung angesichts allgegenwärtiger humanitärer Krisen. Das Phänomen der Migration als Mars-Mission betrachtet – dieses Bild nehmen Roberto Collío und Rodrigo Robledo in ihrem Film immer wieder auf: Und so erkundet beispielsweise ein Mars-Rover die Straßen der chilenischen Hauptstadt wie einen fremden Planeten. Der Haitianer Wilner Petit-Frère verfasst in Santiago einen regelmäßig erscheinenden Newsletter für seine dort lebende Community: eine Art Anleitung zum Überleben für die Haitianer*innen in Chile; Kosmonauten, die lernen müssen, sich auf dem fremden Planeten zurechtzufinden.

Um über Exil und Identität zu sprechen, wählt das Regie-Duo ungewöhnliche Erzählansätze, fragmentiert, voller Wendungen, voller Überraschungen und geleitet von der kreolischen Off-Stimme von Petit-Frère.

SANTA Y ANDRÉS
Kuba/Kolumbien/Frankreich 2016, R: Carlos Lechuga, Spielfilm, 105 Min., OmeU

Wir schreiben das Jahr 1983, die geopolitische Lage in der Karibik spitzt sich zu. Während der Kalte Krieg sich in Grenada entzündet, führt Kuba einen internen Kreuzzug gegen Dissidenten an der Heimatfront. Carlos Lechuga erzählt den Fall des Schriftstellers Andrés, der eine karge Verbannung im eigenen Land fristet. Um sicherzustellen, dass ein internationaler Kongress von Übergriffen unbehelligt verlaufe, wird die junge Bäuerin Santa zur Überwachung des konterrevolutionären Störenfrieds entsandt – ein Frondienst für das feinmaschige Kontrollsystem der Partei. Santa und Andrés bilden ein in vielerlei Hinsicht gegensätzliches Paar, doch in den drei Tagen des improvisierten Hausarrests führt der Kontakt zwischen der fühlenden Aufseherin und ihrem geächteten Häftling zu einer unausweichlichen Annäherung.

EL SILENCIO DEL VIENTO
Puerto Rico/Dominikanische Republik/Frankreich 2017
R: Álvaro Aponte-Centeno, Spielfilm, 105 Min., OmeU

Zusammen mit seiner Schwester Carmen gehört Rafael auf Puerto Rico einem Netzwerk von Schleusern an. Regionale Geflüchtete aus der Karibik, aber auch illegale Migrant*innen aus dem fernen Afrika erhalten vorübergehend Nahrung und Unterkunft, bevor sie in den glücksverheißenden Norden, in die USA weiterziehen. Rafael geht seinen illegalen Geschäften, die er aus finanziellen aber auch aus humanitären Gründen betreibt, routiniert nach. Seine Balance wird aus dem Gleichgewicht gebracht, als seine Schwester ermordet wird. Zur Trauer bleibt ihm keine Zeit: Seine Teenager-Tochter erfordert Aufmerksamkeit, immer neue Boote kommen an und der nächste Auftrag wartet schon auf ihn.
Regisseur Álvaro Aponte-Centeno macht in seinem Erstlings-Langfilm eine in Europa weitgehend unbekannte Facette der globalen Einwanderungsproblematik, das menschliche und nicht minder dramatische Schicksal der Flüchtenden – im wahrsten Sinne des Wortes – für uns erfahrbar.

VENECIA
Kuba/Kolumbien 2014, R: Kiki Álvarez, Spielfilm, 74 Min., OmeU

Es ist eine völlig ungewisse kubanische Zukunft, in welche Kiki Álvarez die drei Grazien aus dem Schönheitssalon in Havanna einbettet. Im Zenit ihres Lebens werden Mayelin, Violeta und Mónica zusammengeschweißt an einem wundersamen Feierabend, der zu einer wilden Feiernacht führt. Im Land mit einer der höchsten Scheidungsraten weltweit, bewegen sich die drei durch eine nächtliche Fauna komischer Käuze und falscher Busenfreundschaften. Leichtfüßig schweben sie durch eine zwielichtige, almodovareske Welt und verprassen ihre hart verdienten Pesos auf der Suche nach Zerstreuung. Die Geständnisse, die ihnen der kubanische Rum entlockt, lässt dabei vermuten, dass ihre vie en rose jeweils einen mächtigen Knick hat. Venedig ist der burleske Fluchtpunkt von drei Insulanerinnen, die sich ihre Träume nicht vom täglichen Scheitern vermiesen lassen wollen. Der Rest ist felicitá, momenti, il futuro incerto.


Veranstaltungsorte

Werkstattkino, Fraunhoferstr. 9 RGB, 80469 München
Instituto Cervantes, Alfons-Goppel-Str. 7, 80539 München

Eintritt
Werkstattkino: € 6,- Kartenverkauf nur an der Abendkasse, keine Reservierungsmöglichkeit
Instituto Cervantes: Eintritt frei

Einlass
jeweils 15 Minuten vor Filmbeginn


KONTAKT / VERANSTALTER

LAFITA - Lateinamerikanische Filmtage

Sergej Gordon, Sven Pötting