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Cento Fiori Cinema 2019 - Retrospektive Antonio Pietrangeli

Der italienische Autor und Filmemacher Antonio Pietrangeli (1919–1968) war einer der wichtigen Erneuerer des italienischen Kinos nach dem 2. Weltkrieg. In Italien wurde er dennoch lange unterschätzt, in Deutschland ist er bis heute fast unbekannt. Das gilt es zu ändern! Zu entdecken sind acht herausragende Filme des Regisseurs, dessen filmisches Hauptthema das Verhältnis der Geschlechter in der modernen Industriegesellschaft war, zumeist erzählt aus weiblicher Perspektive und in Form einer Komödie mit melancholischem Grundton.


Antonio Pietrangeli - Der Regisseur, der die Frauen liebte

Die Idee, das Werk von Antonio Pietrangeli (1919 – 1968) anlässlich seines 100. Geburtstags mit einer Retrospektive von acht Filmen in Erinnerung zu rufen, entstand vor rund einem Jahr, als wir feststellten, dass dieser Regisseur, der auch in Italien lange unterschätzt wurde, in Deutschland fast unbekannt ist.

Antonio Pietrangeli war einer der Ersten, die ein klares Bewusstsein dafür entwickelten, dass sich das geistige Klima der italienischen Nachkriegsgesellschaft und damit auch die Erwartungen an das Kino rasant verändert hatten: Es schien unumgänglich, sich vom Neorealismus etwa Rossellinis, De Sicas und Viscontis zu lösen, um zu einem beschwingteren Erzählstil in Form der Commedia all‘Italiana zu finden, in der sich ein melancholischer Grundton mit Komik und Sarkasmus paarte.

Pietrangeli gehörte zu den Ersten, die zeitgenössische populäre Musik in die Soundtracks ihrer Filme einfließen ließen. Er erneuerte die Bildsprache durch ungewöhnliche Aufnahmen und Sequenzen sowie durch die Verwendung von Rückblenden, um aussagekräftige Momente der Handlung zu unterstreichen. Sein Einfühlungsvermögen spornte die berühmtesten Schauspieler.innen seiner Zeit zu Glanzleistungen an und kam auch der Zusammenarbeit mit namhaften Drehbuchautoren zugute. Pietrangelis Filme waren somit stets das Resultat eines kollektiven schöpferischen Akts, der sich dem Gedankenaustausch bei den täglichen Treffen in seinem Hause verdankte.

Vor allem verlieh er den Wünschen, Illusionen und Enttäuschungen von Frauen Ausdruck, die vor seiner Kamera erstmals in den Vordergrund rückten und nicht mehr nur “Staffage“ waren, die den männlichen Protagonisten als Statussymbol oder Umrahmung dienten. Pietrangelis Filmhandlungen thematisieren vielmehr die Unsicherheiten und Widersprüche einer sich im Umbruch befindenden Gesellschaft, in der sich die Frauen nach Selbstbestimmung und Unabhängigkeit in einem noch immer von Männern dominierten Kontext sehnten. In ihrer Suche nach Glück kämpften Sie gegen eine verlogene Moralvorstellung, mit der sie sich nicht mehr identifizieren konnten.

Antonio Pietrangelis Filme nehmen somit die gesellschaftlichen Veränderungen, die in den Protesten und Forderungen der 68er gipfelten, vorweg – sie sind daher universell, modern, fast prophetisch.
Ambra Sorrentino Becker


Programmübersicht

Freitag, 29. November 2019 | 18.30 Uhr

  • IL SOLE NEGLI OCCHI | Sonne in den Augen
    IT 1953 | R: Antonio Pietrangeli
    D: Irene Galter, Gabriele Ferzetti, Paolo Stoppa, Pina Bottin
    98 Min. | OmeU
    Einführung: Ambra Sorrentino Becker

Samstag, 30. November 2019 | 18.30 Uhr

  • LO SCAPOLO | Der Junggeselle
    IT 1956 | R: Antonio Pietrangeli
    D: Alberto Sordi, Sandra Milo, Nino Manfredi, Madeleine Fischer
    98 Min. | OmeU
    Im Anschluß Empfang im Foyer des Stadtmuseums

Sonntag, 1. Dezember 2019 | 18.30 Uhr

  • ADUA E LE COMPAGNE | Adua und ihre Gefährtinnen
    IT 1960 | R: Antonio Pietrangeli
    D: Simone Signoret, Gina Rovere, Marcello Mastroianni, Sandra Milo
    106 Min. | OmeU

Freitag, 6. Dezember 2019| 18.30 Uhr

  • FANTASMI A ROMA | Das Spukschloss in der Via Veneto
    IT 1961 | R: Antonio Pietrangeli
    D: Marcello Mastroianni, Sandra Milo, Belinda Lee, Claudio Gora, Vittorio Gassmann, Eduardo De Filippo
    100 Min. | OmeU
    Einführung: Gerhard Midding

Samstag, 7. Dezember 2019 | 18.30 Uhr

  • LA VISITA | Der Ehekandidat
    IT 1963 | R: Antonio Pietrangeli
    D: François Périer, Sandra Milo, Mario Adorf, Angela Minervini
    105 Min. | OmeU
    Einführung: Gerhard Midding

Sonntag, 8. Dezember 2019 | 18.30 Uhr

  • LA PARMIGIANA | Das Mädchen aus Parma
    IT 1963 | R: Antonio Pietrangeli
    D: Nino Manfredi, Catherine Spaak, Didi Perego, Lando Buzzanca
    111 Min. | OmeU

Freitag, 13. Dezember 2019 | 18.30 Uhr

  • IL MAGNIFICO CORNUTO | Cocü
    IT 1964 | R: Antonio Pietrangeli
    D: Ugo Tognazzi, Claudia Cardinale, Bernard Blier, Salvo Randone
    124 Min. | OmeU

Samstag, 14. Dezember 2019 | 18.30 Uhr

  • IO LA CONOSCEVE BENE | Ich habe sie gut gekannt
    IT 1965 | R: Antonio Pietrangeli
    D: Stefania Sandrelli, Mario Adorf, Ugo Tognazzi, Karin Dor
    122 min | OmeU
    Zu Gast: Carmen Accaputo, Cineteca di Bologna

Filme

IL SOLE NEGLI OCCHI | Sonne in den Augen
Italien 1953 | R: Antonio Pietrangeli | 98 Min. | OmeU
B: Antonio Pietrangeli, Suso Cecchi D'Amico, Lucio Battistrada, Ugo Pirro
M: Franco Mannino
D: Irene Galter, Gabriele Ferzetti, Paolo Stoppa, Pina Bottin

Nachdem ihre Eltern gestorben sind kommt Celestina, eine junge Frau vom Land nach Rom, um dort als Dienstmädchen zu arbeiten. Ihre beiden Brüder wandern nach Australien aus um dort ein Auskommen zu finden – damit ist Celestina ganz auf sich allein gestellt. Sie lernt einen Mann kennen, der sich aber als unverlässlich erweist, und findet schließlich in der solidarischen Gemeinschaft von gleichgestellten jungen Frauen einen Rückhalt. Pietrangelis erste Spielfilmregie nimmt das wachsende Rom der Neubausiedlungen in den Blick einer Frau aus einer anderen Zeit.

LO SCAPOLO | Der Junggeselle
Italien 1956 | R: Antonio Pietrangeli | 98 Min. | OmeU
B: Antonio Pietrangeli, Ruggero Maccari, Ettore Scola
M: Angelo Francesco Lavagnino
D: Alberto Sordi, Sandra Milo, Nino Manfredi, Madeleine Fischer

Eine Glanzrolle für den großen Komiker Alberto Sordi: Der elegante, aber sehr von sich eingenommene Paolo Anselmi hält unter allen Umständen die Prinzipien des ewigen Junggesellen und Verführers hoch. Eine Liebesgeschichte mit einer Stewardess endet ohne Drama im Nirgendwo. Die Schlüsselepisode des Films spielt im Dorf seiner Herkunft, in das er zurückkehrt. Sordi macht aus Anselmi eine tragikomische Figur: ein Mann, der so in sein selbstverliebtes Selbstgespräch vertieft ist, dass er sein Leben zu verfehlen droht.

ADUA E LE COMPAGNE | Adua und ihre Gefährtinnen
Italien 1960 | R: Antonio Pietrangeli | 106 Min. | OmeU
B: Antonio Pietrangeli, Ruggero Maccari, Ettore Scola
M: Piero Piccioni
D: Simone Signoret, Gina Rovere, Marcello Mastroianni, Sandra Milo

Im Jahr 1958 wurden in Italien durch ein Gesetz auf Initiative der linken Senatorin Angela Merlin Bordelle illegal. Der Film beginnt mit einer heiter-melancholischen Abschiedsfeier. Aus dem Ensemble treten allmählich vier Frauen hervor, die gemeinsam und als selbständige Unternehmerinnen etwas Neues aufbauen wollen: ein baufälliges Gebäude soll eine Trattoria werden (und vielleicht noch mehr?). Simone Signoret als nicht mehr ganz junge Adua steht im Zentrum, aber Pietrangeli widmet auch den „Gefährtinnen“ und der Männerwelt seine Aufmerksamkeit – ein Gesellschaftsfilm par excellence.

FANTASMI A ROMA | Das Spukschloss in der Via Veneto
Italien 1961 | R: Antonio Pietrangeli | 100 Min. | OmeU
B: Ennio Flaiano, Sergio Amidei, Ettore Scola, Ruggero Maccari
M. Nino Rota
D: Marcello Mastroianni, Sandra Milo, Belinda Lee, Claudio Gora, Vittorio Gassmann, Eduardo De Filippo

Don Annibale ist ein Principe, der in seinem alten Palazzo in Rom lebt. Er ist umgeben von den Geistern der Vergangenheit – sie sehen aus wie Statuen, bewegen sich aber flink und spielen den Lebenden so manchen kleinen Streich. Als der Principe stirbt, kommt ein junger Erbe (Marcello Mastroianni in einer von drei Rollen in diesem Film), und will den Palazzo verkaufen – an dessen Stelle soll ein Einkaufszentrum gebaut werden. Dagegen mobilisieren die „fantasmi“ ihren Witz. Pietrangeli setzt mit diesem nostalgisch getönten Technicolor-Film dem alten, feudalen Rom ein ironisches Denkmal.

LA VISITA | Der Ehekandidat
Italien 1963 | R: Antonio Pietrangeli | 105 Min. | OmeU
B: Antonio Pietrangeli, Ruggero Maccari, Ettore Scola
M: Armando Trovaioli
D: François Périer, Sandra Milo, Mario Adorf, Angela Minervini

Pina ist 36 Jahre alt. Sie lebt allein mit ihren Tieren in einem Haus in der Poebene. Aus dem fernen Rom reist ein Mann namens Adolfo an, den sie durch ein Inserat kennengelernt hat. Könnte er ein geeigneter Ehekandidat sein? Adolfo ist der prägnanteste von vielen unbeholfenen Männern in Werk von Pietrangeli. Pina hingegen ist eine große, reiche Frauenfigur: Sie ist verwurzelt in einer italienischen Landschaft, die mit vielen fein beobachteten Details lebendig wird. LA VISITA ist der am tiefsten empfundene Film von Pietrangeli, ein „woman’s picture“ von Weltrang.

LA PARMIGIANA | Das Mädchen aus Parma
Italien 1963 | R: Antonio Pietrangeli | 111 Min. | OmeU
B: Ruggero Maccari, Ettore Scola, Stefano Strucchi, Antonio Pietrangeli, nach dem Roman von Bruna Piatti
M: Piero Piccioni
D: Nino Manfredi, Catherine Spaak, Didi Perego, Lando Buzzanca

Dora wächst in der Obhut der Kirche auf, lässt sich aber nicht in das jahrhundertealte Moralsystem einsperren. Pragmatisch setzt sie ihren Sexappeal ein wenn es notwendig ist, ist dabei aber immer auf der Suche nach einem ebenbürtigen Mann. Nach vielen Fehlschlägen kommt sie nach Parma, um dort eine Freundin ihrer verstorbenen Mutter zu besuchen. Mit diesem Film machte Pietrangeli den größten Sprung in die Moderne: in Rückblenden erzählt er die Geschichte einer Frau, die ihrer Zeit voraus ist und lässt die dekadente Bourgeoisie von Parma auf die neue Welt des Strandtourismus treffen.

IL MAGNIFICO CORNUTO | Cocü
Italien 1964 | R: Antonio Pietrangeli | 124 Min. | OmeU
B: Diego Fabbri, Ruggero Maccari, Ettore Scola, Stefano Strucchi, nach dem Stück von Fernand Crommelynck |
M: Armando Travaglioli
D: Ugo Tognazzi, Claudia Cardinale, Bernard Blier, Salvo Randone

Das Wort „cornuto“ („Gehörnter“) ist in der italienischen Umgangssprache allgegenwärtig. Es bezeichnet einen Mann, dessen Frau untreu geworden ist. Diesen größten denkbaren Ernstfall im patriarchalen System nimmt Pietrangeli mit seiner Gesellschaftskomödie über männlichen Stolz, Geschlechterrollen und Eifersucht aufs Korn: Der Hutfabrikant Andrea Artusi lebt mondän, und dazu gehört auch eine Frau, um die ihn alle beneiden, die ihren Mann aber sehr nervös macht. Selbst untreu, verdächtigt er seine Frau Maria Grazia (Claudia Cardinale) und versucht fortan mit allen Mitteln, ihre (vermeintliche?) Untreue zu beweisen.


IO LA CONOSCEVE BENE | Ich habe sie gut gekannt
Italien 1965 | R: Antonio Pietrangeli | 122 min | OmeU
B: Antonio Pietrangeli, Ruggero Maccari, Ettore Scola | K: Armando Nannuzzi
M: Piero Piccioni
D: Stefania Sandrelli, Mario Adorf, Ugo Tognazzi, Karin Dor

Adriana, ein Mädchen vom Land kommt während der Wirtschaftswunderjahre nach Rom, um hier als Schauspielerin reich und berühmt zu werden. Zunächst als Friseurin arbeitend wechselt sie unbekümmert die Perücken wie ihre Männer, verliebt sich, trennt sich wieder. Stefania Sandrelli glänzt in der Rolle einer gutgläubigen jungen Frau, die an den ausbeuterischen Beziehungsverhältnissen und ihren eigenen Ansprüchen scheitert.
Erst mit diesem, dem letzten von ihm selbst vor seinem tragischen Unfalltod fertiggestellten Film, erhielt Pietrangeli die verdiente offizielle Anerkennung.


Programmflyer Antonio Pietrangeli

Programmheft Filmmuseum / Antonio Pietrangeli


Ort
Filmmuseum München
St.-Jakobs-Platz 1
80331 München

Karten
€ 4,- / € 3,- ermäßigt
Filme mit Überlänge € 5,- / € 4,- ermäßigt
Kartenreservierung ab 29. Oktober, Tel: 089 – 233 96450

Veranstalter
Circolo Cento Fiori e.V. / Cento Fiori Cinema
Filmstadt München e.V.
In Kooperation mit dem Filmmuseum München

Gefördert vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München


KONTAKT / VERANSTALTER

Circolo Cento Fiori e.V.

Cento Fiori Cinema